on street photography
(german below)
The public space is one of rules, self-display, compromise and repression of instinctive behavior. The slightest change in facial expression or posture is able to trigger many questions, which I note through the act of taking a picture. Through the camera I see humans, not individuals, and a „them“ when taking the picture, becomes an „us“ when looking at the photograph. You’re touching a piece of privacy carried into the public, a fragment which we can all identify with.In observing the influence of the public sphere on an individual, we see how we share the desire and the pressure to fulfill expectations, to fit in, but also to achieve recognition as individuals. Physical appearance, such as clothing, reveals itself as a sign of socialization and an important form of communication. This aspect becomes interesting when we question whether this all takes place consciously or subconsciously, in other words, to what extent a situation observed is a product of decisions, regardless of when they were made.You never know where the people whom you meet on the street have come from, or what’s going to happen to them. Their encounters, and the flow of moments which they create, reveal the fleeting quality of such instances upon the backdrop of the seeming infinity of human existence.I started with street photography when I left my hometown Cottbus to move to Chicago. I had already been taking pictures for a couple of years. All of a sudden I was overcome by an unexpectedly strong urge to harness the flood of new impressions and feelings, and alongside it the seemingly faster passing of time. The sensation of everything running through my hands like sand gave rise to a kind of panic, which only the camera could channel into something whose personal and cultural implications are forming over time.As someone who often wanders around in my thoughts looking for answers, street photography (as well as dance and dance photography) gave me the possibility to be forced to react without prior thinking. Overcoming this creates a kind of rush, which is enhanced by an instant of simultaneous irritation and identification, causing me to release the shutter. A rush, which is intensified through the fear of losing the moment and the fear of what those intuitively selected moments might tell me about myself. “You don’t have to go looking for pictures. […] You go out and the pictures are staring at you.” (Lee Friedlander) At a second glance, the images are not actually out there; in fact we are full of images – generated through experiences, expectations, hopes and fears – entering an intense space of projection. If we assume all action is based upon fear, then it’s essentially the fear of fear. Because once revealed, the fear holds a pistol to your head demanding you to confront its origins and effects, until you have subdued its destructive power.It’s about one’s own fear, but also the subject’s. The instant, in which a lens is pointed at someone, is for many a moment of reflection and scrutiny, albeit often subconscious, on to what extent self image, ideal image and external perception are coherent, leaving me with the feeling that I’m the one holding the pistol. Our society has reached a point where we all seem to be observing and judging each other whilst fashioning our own images through the media. Western society encourages, even demands, that we build up an ego and with it upholds supposed knowledge, whilst rejecting the idea of searching. It is this searching however, which allows you to recognize yourself in the other, and the other in yourself; dissipating fears or making them bearable.
Der öffentliche Raum ist ein Raum der Regeln, des Zurschaustellens, der Kompromisse und der Unterdrückung von instinktivem Verhalten. Eine kleine Änderung des Gesichtsausdruckes oder der Körperhaltung allein kann viele Fragen aufwerfen, die ich durch die Aufnahme eines Fotos notiere. Durch die Kamera sehe ich Menschen, nicht Individuen und beim Fotografieren ein „die“, wird beim Betrachten des Bildes zu „wir“. Man berührt eine in die Öffentlichkeit getragene Privatsphäre, die ein Stück Menschsein darstellt, das wir alle auf die ein oder andere Art teilen.Betrachtet man die Wirkung der Öffentlichkeit auf eine Person, so teilen wir den Drang bzw. Zwang Erwartungen zu erfüllen, dazuzugehören, aber auch als Individuum Anerkennung zu finden. Äußerlichkeiten, wie z.B. Kleidung, zeigen sich als Zeichen von Sozialisation und wichtigem Mittel der Kommunikation. Interessant wird dieser Aspekt u.a. durch die Frage, ob dies alles bewusst oder unbewusst abläuft, sprich in wie weit eine Situation, die wir betrachten, ein Produkt von Entscheidungen ist, unabhängig davon wie lange diese zurückliegen.Wir wissen nicht, wo die Menschen, denen man auf der Strasse begegnet, herkommen und was mit ihnen geschehen wird. Ihr Aufeinandertreffen und der dadurch entstehende Fluss von Momenten, geben mir ein Bewusstsein für die Flüchtigkeit jener Momente und das gleichzeitig scheinbar unendliche Fortwähren des menschlichen Daseins.Mit der Strassenfotografie habe ich begonnen, als ich von meiner Heimatstadt Cottbus nach Chicago gezogen bin. Dort überfiel mich ein unerwarteter Drang der Flut von Eindrücken, Gefühlen und der damit vermeintlich schneller vergehenden Zeit Einhalt zu gebieten. Das Gefühl, mir würde alles wie Sand durch die Finger gleiten, liess eine Panik in mir aufkommen, die nur die Kamera abfangen und umwandeln konnte, in etwas, dessen persönliche und kulturelle Bedeutungen sich mir erst nach und nach erschliessen. Als jemand, der all zu oft in seinen Gedanken umherirrt, um dort Antworten zu finden, entdeckte ich unter anderem die Strassenfotografie (als auch das Tanzen und die Tanzfotografie) als Möglichkeit mich dem Zwang auszusetzen, ohne vorheriges Denken zu reagieren. Die Überwindung, die es dazu braucht, erzeugt einen Rausch–artigen Zustand, der verstärkt wird durch die Gleichzeitigkeit von Irritation und Identifikation, die mich den Auslöser betätigen lässt. Dazu kommt die Angst den gesehenen Moment zu verlieren wie auch die Angst davor, was die intuitiv gewählten Momente mir über mich selbst sagen könnten. „Du musst nicht auf die Suche nach Bildern gehen. Du gehst raus und die Bilder starren dich an.“ (Lee Friedlander) Allem Anschein entgegen, ist dem aber nicht so, weil die Bilder da „draußen“ sind, sondern weil wir voll von Bildern sind, geschaffen durch Erfahrungen, Erwartungen, Hoffnungen und Ängste und uns damit in einen aufregenden Projektionsraum begeben. Die Annahme vorausgesetzt, dass alles Handeln Angst als Ursprung hat, geht es also im Grunde um die Angst vor der Angst. Denn einmal blossgelegt, setzt sie einem die Pistole auf die Brust mit der Forderung sich so lange mit ihr, ihren Ursprüngen und Auswirkungen zu konfrontieren, bis man ihre destruktive Kraft unter Kontrolle bekommen hat. Es geht dabei um die eigenen, aber auch um die Ängste der Fotografierten. Der Moment, in dem ein Objektiv auf einen Menschen gerichtet ist, ist für viele ein Moment der Reflexion und des kritischen, wenn auch oft unbewussten Überprüfens, inwiefern Selbstbild, Idealbild und das der Außenwelt übereinstimmen, was bei mir oft das Gefühl erzeugt, selbst die Pistole in der Hand zu haben.Wir haben einen Punkt erreicht, in der jeder jeden ständig zu beobachten und bewerten scheint und sich selbst permanent medial darstellt. Von der westlichen Gesellschaft wird der Aufbau des Egos unterstützt, geradezu gefordert und damit vermeintliches Wissen über das Suchen gestellt. Es ist das Suchen aber, was einen das Selbst im Anderen und den Anderen im Selbst erkennen und damit Ängste verschwinden oder ertragen lässt.